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Abstract  
A chick of the Common Swift (Apus apus) of about 27 days old was found in the street. He was put into a cardboardbox, from which one side had a roof. A nest of rags was built. The young Swift was fed 3 - 5 times a day with ground meet boiled egg yelk and egg white and lowfat curde cheese and grew constantly. His wing feathers went over the tail feathers. On his estiamted 34th day he began flattering and flew a short distance on the 35th day. He reached his lasting body length on the 40th day, on the 41st day he began flying through the kitchen. On the 48th day he flew perfectly through the whole appartement. He was set free on August 1st with a body weight of 35 g, when he was 49 days old.
T.
 
 
 
WOLFRAM VOIGT:
Aufzucht eines halbwüchsigen Mauerseglers
Am 10. Juli 1982 abends gegen 21.00 Uhr fand ich gemeinsam mit meiner Frau in Berlin-Lichtenberg vor dem Haus Weitlingstraße - 39 auf dem Bürgersteig nahe dem Rande zur Fahrbahn einen jungen gefiederten Mauersegler am Erdboden sitzend. Er war abends mit seinem schwarzen Gefieder auf dem dunkelgrauen Asphaltgrund des Gehwegrandstreifens nur schwer zu erkennen und so wohl der Aufmerksamkeit anderer Fußgänger entgangen. Meine Frau sah ihn und nahm ihn auf. Wir entschlossen uns nach kurzem Zögern ihn mitzunehmen und die Aufzucht zu versuchen. Bei näherer Untersuchung stellte sich heraus, daß das Tier an der rechten Seite und auf dem Rücken Abschürfungen aufwies und sein rechtes Bein nur bis zur Ferse bewegte. Mit dem rechten Fuß griff es beim Festklammern nicht aktiv zu. Man hatte nicht den Eindruck, daß Bein oder Fuß gebrochen waren. Es sah eher nach einer Verstauchung aus. Das Tier war vermutlich aus dem Dachgeschoß (dem 4. Stockwerk) des Hauses abgestürzt und hatte den Sturz mit den Flügeln abbremsen können, hatte sich aber dennoch leichte Verletzungen auf der rechten Seite zugezogen.

Ein Vergleich mit den sehr genauen Abbildungen bei Heinroth ergab, daß das Alter des Tieres ziemlich zuverlässig mit 27 Tagen bestimmt werden konnte. Zu unserer Überraschung ergab die Wägung des Tieres eine Masse von 54 g, während Heinroth ein Gewicht des flugfähigen Jungvogels von 40-43 g angibt. Der Vogel hatte also ein ganz beträchtliches Übergewicht. Heinroths Angabe, daß junge Mauersegler im Juli oder Anfang August häufig deshalb halbwüchsig aus dem Nest stürzen, weil sie wegen Nahrungsmangel über den Nestrand hinauskrabbeln, konnte in diesem Falle nicht zutreffen. Unsere Hypothese war deshalb: Es befand sich statt wie normal zwei nur ein Jungvogel im Nest. Er wurde deshalb überernährt. Beim Entleeren schiebt der Jungvogel (wie wir in der Folgezeit beobachten konnten) sein Hinterteil rückwärts über den Nestrand. Der Schwerpunkt seiner Körpermasse liegt deutlich im Hinterteil. Dabei hat das ohnehin übergewichtige Jungtier das Gleichgewicht verloren und ist abgestürzt.

Der halbwüchsige Mauersegler war, als wir ihn fanden, flugunfähig. Seine Flügellänge betrug 120 mm, während Heinroth für den flugfähigen Jungvogel eine solche von 160 mm angibt. Es war zu erwarten, daß der Vogel noch wenigstens zwei bis drei Wochen bis zum Flüggewerden brauchen würde und daß er paradoxerweise sein Gewicht in dieser Zeit reduzieren mußte, um die Flugfähigkeit zu erreichen, denn er war zum Fliegen entschieden zu schwer.

Wir setzten den Vogel in einen oben zur Hälfte offenen Pappkarton und bauten ihm in einer der überdachten Ecken ein Nest aus Lumpen. Er saß bzw. lag darin, so wie Heinroth es beschreibt, meist mit dem Kopf der dunklen Ecke des Kartons zugewandt, d. h. der Nestöffnung abgewandt. Wir konnten überhaupt beobachten, daß der Vogel gern in dunkle Ecken kroch und sich darin verbarg. Später mit zunehmendem Alter wandte er sich auch der offenen Seite des Nestes zu.

Wir hatten nun Gelegenheit, einen jungen Mauersegler aus unmittelbarer Nähe zu betrachten, wozu man sonst selten kommt. Der Vogel verhielt sich im allgemeinen sehr ruhig. Wenn man ihn in die Hand nahm, kuschelte er sich darin sichtlich ein, und wir hatten den Eindruck, daß Streicheln ihm nicht unangenehm war. Er gewöhnte sich an alle Mitglieder der Familie, ohne jedoch auf einen besonderen Namen zu reagieren. Im Gegensatz zu Heinroths Erfahrungen war unser Vogel nicht scheu. Er hatte braune Augen mit großen dunklen Pupillen. Beim Schlafen klappte er die unteren Augenlider nach oben. Beobachtet man Mauersegler im Freien, so erscheint ihr Gefieder schwarz. Beim Betrachten unseres jungen Mauerseglers ergab sich jedoch ein wesentlich differenzierteres Bild. Zwar ist der Gesamteindruck des Gefieders schwarz, aber Stirn, Flügelbug und Kehle sind im Jugendkleid ziemlich weiß wie auch die Photoaufnahmen, die wir machen konnten, zeigen. Alle Federn des Gefieders sind schmal grauweiß umrandet. Das gilt besonders für die Schwungfedern. All dies erkennt man nur, wenn man den Vogel in der Hand hält. Auf einige Entfernung wirkt er völlig dunkel. Übrigens zeigen auch die Aufnahmen bei Heinroth sehr deutlich die hellen Färbungen. Es sind keineswegs nur Lichtreflexe.

Beim Füttern nahmen wir den Vogel aus seinem Nest, öffneten ihm mit der linken Hand den Schnabel und stopften ihn. Es gelang uns bis zuletzt nicht, ihn zur selbständigen Abnahme des Futters zu bringen. Wir fütterten ihn mit Schabefleisch, hartgekochtem Eigelb und Eiweiß und Magermilchquark. Gelegentlich nahm er auch einmal eine Stubenfliege oder einen Schmetterling. Gefüttert wurde er drei- bis fünfmal täglich. Dabei gaben wir ihm kleine Futterbrocken, die wir triefnaß machten. Wir hielten regelmäßig seinen Schnabel in ein Wassernäpfchen. Gelegentlich trank er. Wir hatten aber nicht den Eindruck, als ob er auf regelmäßiges Trinken Wert legte. Das Geschlecht des Vogels konnten wir nicht feststellen. Er hatte auch etwas Ungeziefer, vermutlich Milben, die wir ihm absammelten.

Als Resultat unserer Bemühungen geschah nun das Paradoxe, das wir erwartet hatten: Er wuchs. Seine Flügel- und Körperlänge nahmen zu. Das Gefieder entwickelte sich. Die Abschürfungen verheilten rasch. Er wurde unruhiger im Nest, begann zu flattern und schließlich zu fliegen und reduzierte trotz regelmäßiger Fütterung allmählich seine Körpermasse in Richtung auf das Normgewicht des flugfähigen Vogels. Während seine Flügelspitzen, als wir ihn fanden, nicht über die Schwanzspitzen hinausreichten, überragten sie diese bald bei weitem. Er begann mit Flattern im Nest am 34. Lebenstag, flog das erste Mal kurz am 35. Lebenstag. Erstes Schwirren des Vogels vom Fußboden aus beobachteten wir am 39. Lebenstag. Seine endgültige Körperlänge von 160 mm erreichte er am 40. Lebenstag. Am 41. Lebenstag flog er durch unsere Küche (6 m), am 42. Tag durch den größten unserer drei Räume (7 m). Am 44. Lebenstag flog er mehrfach in Küche und Flur (10 m) auf und ab. Am 46. Lebenstag antwortete er aus seinem Nest Altvögeln, die draußen riefen. Am 47. Lebenstag erreichte er die endgültige Flügellänge (160 mm). Am 48. Lebenstag flog er geschickt durch die gesamte Wohnung (17 m), bremste und wendete gewandt. Wir beobachteten, wie er in der Gegend umherschnappte. Da wir den Eindruck hatten, der Vogel sei nun flugfähig, wagten wir am 1. August 1982, am 49. Lebenstag des Vogels, die Freilassung, obwohl er den rechten Fuß noch immer nicht aktiv benutzte. Der Vogel wog nun 35 g. Wir begaben uns morgens auf den nahegelegenen Zachertsportplatz und setzten den Vogel auf eine der Bänke am Rande des Spielfeldes zur Eggersdorfer Straße. Er erhob sich, flog eine Runde und landete wieder in unserer Nähe auf der Aschenbahn. Ich wollte den Versuch schon aufgeben, nahm ihn auf die Hand, warf ihn ein klein wenig in die Luft, er erhob sich, flog wiederum eine Runde, fiel nun erst in den bekannten reißenden Mauerseglerflug und verschwand schrill rufend über den Häusern der Eggersdorfer Straße. Wir haben ihn nie wieder gesehen. Der größte Teil der Berliner Mauersegler flog 1982 am 6. 8. ab. Wir hatten es also noch rechtzeitig geschafft. Statt langer Beschreibungen möchten wir in der Tabelle über die Entwicklung des Vogels berichten.

Wie aus der Tabelle ersichtlich, haben wir den Vogel am 47. Lebenstag bei relativ hohen Außentemperaturen auch einmal kurz lauwarm an der Bauchseitgebadet, da er sich beschmutzt hatte. Er trocknete schnell wieder. Ob Mauersegler in Freiheit baden, wissen wir nicht. Unser Jungvogel flog sowohl vom Erdboden auf als auch von erhöhten Punkten. Zum reißenden Flug ging er beim Freilassen sofort ohne Vorübung über. In der Wohnung war er nie derart geflogen. Er flog in der Wohnung vorsichtig, in halber Höhe, kreiste nie unter der Zimmerdecke wie Heinroth beobachtete, stieß niemals an und landete zielbewußt meist hängend an der Gardine. Ließ man ihn an einem senkrecht hängenden Stück Stoff klettern, so benutzte er dabei sowohl die Füße als auch den Schnabel, die halb ausgebreiteten Flügel und den Schwanz und wird dies wohl in Freiheit auch tun. Diese Beobachtung bewog uns, ihn freizulassen, obwohl der rechte Fuß von ihm noch nicht voll eingesetzt wurde. Zur dauernden Gefangenschaftshaltung, wie Heinroth sie beschreibt, konnten wir uns nicht entschließen. Wir hatten den Vogel 23 Tage und haben die Mühen der Aufzucht nie bereut, denn wir wurden durch Beobachtungen und Erfahrungen belohnt, die wir in freier Natur nie hätten machen können. Für uns galt es nun als bewiesen, daß man angesichts abgestürzter halbwüchsiger Mauersegler nicht zu resignieren und die Tiere nicht ihrem Schicksal zu überlassen braucht. Mit relativ einfachen Mitteln lassen sie sich durchbringen. Heinroths gewissenhafte Angaben waren uns dabei allerdings unentbehrlich. Meiner Tochter Simone Voigt und insbesondere meiner Frau Sigrid Voigt, die sich mit der Pflege des Vogels viel Mühe gab, bin ich für die Hilfe und ihr Verständnis zu Dank verpflichtet.


References
Heinroth, 0., & Heinroth, M. (1966): Die Vögel Mitteleuropas. Vol. 1. Reprint-Edition. Leipzig-Jena- Berlin, p. 270-274
(Printed 1986 in Der Falke. Republished with permission.)
© APUSLife 1997, No. 0302
 
 
 
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