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Die Bestandserfassung von Mauerseglern

 

Neue Erkenntnisse zum Zugverhalten sowie über das räumliche und zeitliche Verhalten in Großstädten machen es möglich, den Bestand der Mauersegler in Städten ziemlich genau erfassen zu können. Es gibt bestimmte Zeitfenster, in denen die potentiellen Brutvögel und die Nichtbrüter separat ausgezählt werden können. Voraussetzung hierfür ist genaue Kenntnis der Ankunft der Mauersegler im Brutgebiet, damit die Zähltermine richtig bestimmt werden können. Die Zählungen erfolgen an klaren Tagen, denen keine längere Regenperiode vorausgegangen ist.

 

Folgende Verhaltensweisen der Mauersegler schaffen die Grundlage für die Zählweise nach diesem Zeitfensterprinzip:

 

Die Ankunft der Mauersegler in den Brutgebieten erfolgt in mehreren Wellen. In den ersten drei Wellen am Anfang der Brutsaison treffen die geschlechtsreifen Vögel ein. Die vierte Welle, die etwa zur Halbzeit der Saison die Brutgebiete erreicht, umfasst ausschließlich immature Jährlinge. - Alle Mauersegler fliegen morgens und abends in einem abgegrenzten Koloniegebiet umher, das nach bisherigen Erkenntnissen etwa 90,000 - 120,000 m² umfasst. Die Kantenlängen sind bei rechteckförmigen Territorien grob bemessen etwa 300 x 300 m oder etwa 450 – 450 – 450 m bei dreiecksförmigen Gebieten.

 

Brutvögel

Die potentiellen Brutvögel werden  7 - 14 Tage nach der Ankunft der zweiten und dritten Welle an einem Schönwettertag gezählt. Um diese Zeit sind alle Tiere eingetroffen und im Allgemeinen noch nicht mit der Paarung oder der Eiablage beschäftigt.

 

Die Uhrzeiten, zu denen gezählt wird, hängen vom Dämmerungszeitraum ab und richten sich nach der geographischen Lage des Ortes. Diese Zeiten sind z.B. in Jerusalem (31° 52’ N und  35° 13’ E) zwischen 7 und 8 Uhr Israel Standard Time (IST) vormittags oder zwischen 17:30 und 18:00 Uhr IST am Nachmittag und in Berlin (52° 28’ N und 13° 24’ E) zwischen 9 und 10 Uhr MESZ am Vormittag oder zwischen 19 und 20 Uhr MESZ am Abend. In diesen Stunden fliegen die Mauersegler im Koloniegebiet umher und halten sich nicht mehr bzw. noch nicht in den Nisthöhlen auf.

 

Es sollten mehrere Zählungen, mindestens jedoch zwei, durchgeführt werden, damit zunächst nicht erfasste Vögel doch noch gezählt werden können. Z.B. könnten sich bei der ersten Zählung bereits einige Exemplare zu Fortpflanzungszwecken in den Nisthöhlen aufgehalten haben oder an einer nicht einsehbaren Stelle geflogen sein.

 

Nichtbrüter

Der Nichtbrüterbestand wird gegen Ende der Brutsaison an Schönwettertagen erfasst. Der günstigste Zeitraum ist die 5. bis 6. Woche vor dem Wegflug, z.B. in Berlin die Zeit vom 01. bis 15. Juli. Die Uhrzeiten der Zählungen müssen so gewählt werden, dass die Nichtbrüter vom Nacht- bzw. Tagesausflug zurück in den Kolonien sind, sich aber noch nicht zum abendlichen Aufstieg versammelt haben. In Berlin ist diese Zeit zwischen 8 und 9 Uhr vormittags und 20 und 21 Uhr am Abend.

 

Die Brüter sind um diese Zeit ausschließlich mit Futtersuche und Fütterung der Jungen beschäftigt und beteiligen sich nicht an den Territorial- und Sozialflügen der nicht brütenden Koloniemitglieder. Es werden also nur diejenigen Brüter, die gerade zum oder vom Nest fliegen, mit erfasst.

 

Zensus in Städten

Überschaubare Gebiete können bei einer ausreichend großen Zahl von Mitarbeitern direkt ausgezählt werden. Da Mauersegler sich - bis auf Brutangelegenheiten und teils auch Übernachtungen - ausschließlich in der Luft aufhalten und zu bestimmten Tageszeiten territorial verhalten, kann man bänderartig über die Zählfläche ziehen. Die Zähler postieren sich an zuvor festgelegten Stellen, die – je nach Überschaubarkeit des Gebietes - ca. 200-300 m auseinanderliegen. Zu genau festgelegten Zeiten wird dieser Streifen ausgezählt. In einem Abstand von 5 und 10 Minuten wird erneut gezählt, um ggf. auch zuvor verdeckte Vögel mit erfassen zu können. Dann bewegt sich die Zählkolonne auf die nächsten Zählpunkte zu, die etwa 200 – 300 m entfernt liegen und der Zählvorgang beginnt erneut. Auf diese Weise können auch recht große Gebiete zügig erfasst werden.

 

(Quelle: Tel Aviv Map and Guide 1997, verändert)

Mauersegler zeigen morgens und abends ihre Wohngebiete an, in dem sie permanent in den Kolonien umherfliegen. Zum Zählen bildet man im Abstand von ca. 300 m eine Kette und zählt zu genau vereinbarten Uhrzeiten die fliegenden Vögel. Dazu notiert man die Flugrichtung. Es werden zwei oder drei Zählungen im Abstand von fünf Minuten durchgeführt. Danach geht man zum nächsten Zählpunkt. Auf der Karte sind beispielhaft die Punkte für vier Zählpersonen eingetragen.

 

 

Zensus in Großstädten

Bei großen Städten wendet man am besten eine Auswahlmethode an. Man teilt die Stadt in Lebensraumtypen ein (z.B. Altbauzone, Neubauwohnblockzone usw.). Nach dem Zufallsprinzip wählt man aus diesen Zonen Probeflächen aus, die beispielhaft ausgezählt werden. Bei dieser Methode werden die Zählergebnisse der Probeflächen auf die gesamte Stadt hochgerechnet. Diese Methode wurde in Berlin im Jahr 2002 mit Erfolg angewandt.

 

Zensus in Kleinstädten

Zum zeitlichen und räumlichen Verhalten der Mauersegler in kleinen Städten oder Gemeinden liegen noch keine Untersuchungen zum territorialen und zeitlichen Verhalten vor, so dass zunächst geprüft werden muss, ob die genannten Grundvoraussetzungen in diesen Gebieten gegeben sind. Erste Prüfungen in kleineren Ortschaften (Kronberg/Ts.) deuten jedoch auf identische Verhaltensschemata: auch hier verlassen die Mauersegler tagsüber die Kolonien.

 

Auswertungen

Bei den Auswertungen der Zählungen ist Folgendes zu berücksichtigen:

 

  • Die Auswahl der Zeitfenster erfolgte nach gemittelten Werten des Mauerseglerverhaltens. Hiervon können immer wieder Abweichungen vorkommen.

 

  • Bei den Zählungen ist darauf zu achten, ob es sich ggf. um bereits erfasste Individuen handelt.

 

  • Der Anteil der Brüter bei der Zählung der Nichtbrüter (die fütternden Alttiere) ist sehr gering (er lag bei der Zählung in Berlin im Jahr 2002 bei unter einem Prozent).

 

  • Da noch keine abgesicherten Daten zum Verhältnis Brüter - geschlechtsreife Nichtbrüter - immature Jährlinge vorliegen, sollte der gezählte Bestand – wie vorgeschlagen - noch getrennt angegeben werden. Um einen Eindruck über die jeweilige Größe der Populationen zu erhalten, seien hier Zählungen von Erich Kaiser genannt, die über vier Jahre in einer Kolonie bei Frankfurt am Main stattfanden. Bei den entsprechenden Kontrollen konnten jedoch nicht alle Tiere erfasst werden, so dass die Zahlen die Wirklichkeit nicht genau spiegeln: 45 % brütende Tiere, 20 % mature Nichtbrüter und 35 % Jährlinge.

 

© Ulrich Tigges

 

Literatur:

APUSlist-Nos: 0060, 0061, 0067 2741, 2856, 2867